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Haben wir das Tief an den Börsen schon gesehen?

Die weltweiten Börsen kennen seit Wochen nur eine Richtung. Wie immer in solchen Phasen kommen populistische Meinungen zu Tage, die die Anleger verunsichern. Schnittige Thesen wie „Die Börse bricht jetzt zusammen“, „Der Euro geht unter“, „Der Wirtschaftskollaps steht kurz bevor“, „Der Bitcoin ist tot“. – Diese und ähnliche Aussagen sind so alt wie die Börsen selbst. Wir bringen Licht ins Dunkle und erklären, welche Fehler Anleger in solchen Phasen unbedingt vermeiden sollten. 

Viel Spaß dabei. 

Das erwartet Dich

Horrornachrichten sind so alt wie die Börse 

Negative Meinungen über die weltweiten Kapitalmärkten sind völlig normal – erst recht in Zeiten wie diesen. Leider lassen sich viele kleine Privatanleger immer wieder davon fehlleiten und verlieren dadurch sehr viel Geld. Ein kurzer Blick in die Vergangenheit zeigt jedoch schnell, wie oft diese übertriebenen Phantomängste Realität wurden? – Noch nie! 

Die Zeitungen und Gazetten wollen immer eine Katastrophe. Angst macht leider blind und lässt Menschen und damit auch Anleger irrationale Entscheidungen treffen. Die Leute lassen sich teilweise so emotionalisieren, dass sie die prognostizierten Finanzkatastrophen als real wahrnehmen. Die Ängste werden in den Medien breit geschürt, sind aber nicht real. Um erfolgreich zu investieren, muss man die Realität so gut wie möglich einschätzen können. Phantomängste haben beim Vermögensaufbau nichts zu suchen. Sie sind reine Selbstsabotage, manipuliert durch die Medien. 

Denn, was bedeuten diese steilen Thesen am Ende: Wir, also die gesamte Menschheit, werden in naher Zukunft nichts mehr essen oder trinken. Wir werden keine Kinder mehr haben, nicht mehr in den Urlaub fahren oder digital kommunizieren. Wir lesen keinerlei Zeitung und tragen auch keine Kleidung mehr. Die moderne Medizin ist abgeschafft und Mobilität gibt es auch nicht mehr. Diese Liste lässt sich endlos fortschreiben. Lange Rede kurzer Sinn: 80 % der Produkte des globalen Konsums werden von Aktiengesellschaften hergestellt, vertrieben und verkauft. Die Aktien dieser Unternehmen würden wertlos werden, sobald von heute auf morgen der globale dauerhafte Konsum zusammenbricht. Es gibt für alles eine Wahrscheinlichkeit, wir sind jedoch der Meinung dass dieses Szenario sehr unwahrscheinlich ist. 

Wer dennoch auf das Ende der Menschheit pocht, an solche Menschen haben wir nur eine Nachricht:

Langfrist-Investoren freuen sich darüber. Erfolgreiche Investoren sind zum überwältigenden Teil langfristig investiert und lassen sich von kurzzeitigen, negativen Nachrichten nicht abschrecken – im Gegenteil. Es ist wichtig, sich die Fakten anzuschauen und nicht nur schwarz oder weiß zu malen.

USA: Unternehmensgewinne sind gut

Um die Inflation zu bekämpfen, hat die US-Notenbank FED die Leitzinsen in den USA angehoben, mit Auswirkungen auf die Märkte. Die USA ist die Weltleitbörse. Deren Indizes (S&P 500, Nasdaq 100) sind inzwischen 20-35 % gefallen. Wenn ein Börsenindex mehr als 20 % fällt, spricht man von einer Baisse (anhaltender Preisrückgang der Aktienkurse). Von einer Rezession spricht man, wenn die Wirtschaftsleistung (BIP) in zwei aufeinander folgenden Quartalen gegenüber dem Vorjahresquartal zurückgeht. Das ist noch nicht der Fall. Die Gefahr dafür ist jedoch groß, die Börse hat dies aber bereits eingepreist, denn diese sieht immer 6-9 Monate voraus. Zudem stehen im November diesen Jahres die sogenannten ‚midterm elections‘ in den USA an: Es werden Abgeordnete, Senatoren und Gouverneure neu gewählt. Joe Biden kann sich alles andere als eine Rezession in dieser wichtigen Phase leisten. Entscheidend ist, wie verhalten sich die Gewinne der großen, global agierenden Unternehmen. Und hier ist das Ergebnis mehr als positiv: die Unternehmensgewinne sind momentan exzellent. 

Die Aktienkurse sind also eingebrochen, Gewinnwarnungen gibt es aber kaum. Die Konzerne haben zwar Probleme mit den stockenden Lieferketten. Nur ist es erstaunlich zu sehen, wie leicht es großen Unternehmen fällt, die gestiegenen Kosten an die Verbraucher durch höhere Preise weiterzuleiten. Die Unternehmen drücken also höhere Preise durch, weil sie gegebenenfalls in der Zukunft höhere Löhne zahlen müssen. Wenn die Lieferketten dann wieder reibungslos funktionieren, werden die Unternehmen die Preise aber nicht wieder senken, was für eine weitere positive Entwicklung der Unternehmensgewinne spricht. 

Die Eurozone hinkt wieder hinterher?

Die Arbeitslosigkeit ist immer noch hoch, zumindest in der Eurozone. Die Erzeugerpreise (Preise für Hersteller von Produkten) stiegen im April um 37 %, ohne Energiepreise um 16 %. Wir wissen, jeder spürt es im Portemonnaie, wie teuer ein Restaurantbesuch geworden ist oder wie viel am Ende des  Kassenzettels an der Ladentheke im Supermarkt steht. Die gestiegenen Preise für Unternehmen werden zum Großteil weitergegeben an uns Verbraucher. Wir bezahlen am Ende die Zeche. Herauszuheben hierbei ist, dass jede Energiepreiserhöhung für uns gleichzeitig ein Konjunkturprogramm für Asien ist. Diese Regionen bekommen seit Beginn der westlichen Sanktionen gegen Russland Rohstoffe, insbesondere Öl und Gas zum Schleuderpreis. Auch ist festzuhalten, dass die Internet-Suchintensität nach „Reisen“ und „Restaurants“ höher ist, als vor der Pandemie. Die Leute scheinen ihr angespartes Geld auf ihren Konten jetzt auszugeben.

Die Auswirkungen des Krieges

Nun ist es soweit. Russland hat uns in den letzten 2 Tagen den Gashahn so ziemlich zugedreht. 60 % weniger als bei voller Kapazität. Jetzt im Sommer spüren wir Privathaushalte es nicht. Der Herbst und Winter könnte jedoch mehr als unangenehm werden, sollte der Konflikt nicht beigelegt werden. Hinzu kommt, dass die USA nicht soviel Flüssiggas (LNG = Liquid Natural Gas) liefern kann. In Europa wird aber keiner erfrieren oder verhungern müssen. 

Um höheren Ölpreisen entgegenzuwirken, wird akut über eine „Preisobergrenze“ für Erdöl diskutiert. Die führenden, westlichen Industriestaaten wollen also ein Nachfrage-Kartell erschaffen, um einerseits die Einnahmen Russlands durch den gestiegenen Ölpreis zu reduzieren, andererseits selbst weniger für das schwarze Gold bezahlen zu müssen. Der italienische Ministerpräsident Mario Draghi erklärte es so: „Bei einem Höchstpreis gehe es vor allem darum, die Förderländer davon zu überzeugen, die Rohöl-Produktion erheblich zu steigern. Ein grösseres Angebot solle die Preise unter die festgelegte Obergrenze senken. Steige der Preis, müssten Ölproduzenten so schnell wie möglich mehr Öl fördern, bis der Preis wieder sinke.“

China im Lockdown-Modus?

Lockdowns sind politisch. Ändert China seine Politik mit der Einsicht, dass die Null-Covid-Strategie nicht die erste Wahl ist, dann beschleunigt sich auch die Wirtschaft. Frachtpreise gehen nach unten und auch Lieferengpässe wären gelöst. Das braucht aber alles sehr viel Zeit. Die globale Wirtschaft kann man nicht auf Knopfdruck an- oder ausschalten wie einen Lichtschalter. Dieses Jahrzehnt wird es auf globaler Ebene politisch, gesellschaftlich, ökonomisch, ökologisch und digital unheimlich viele Umwälzungen geben, die wir uns heute nicht vorstellen können.

China wird hier eine führende Rolle einnehmen, ob wir wollen oder nicht. 1,4 Milliarden Konsumenten sind auch eine große Abnehmergruppe unserer Produkte. Über 600 Millionen Chinesen sind seit der Jahrtausendwende bereits in die Mittelschicht aufgestiegen und wollen konsumieren; gerade auch deutsche und westliche Produkte.  

Bitcoin am Ende?

Für alle, die glauben, Bitcoin und die Blockchain-Industrie wäre jetzt am Ende – weit gefehlt. Im Gegenteil, es geht jetzt gerade erst richtig los. Schon 2018/2019 konnte man die Bitcoin-Untergangsbotschaften in den Zeitungen und den sozialen Medien lesen. Die Realität war ganz anders. Der Preis war nach einem 12-monatigen Abschwung von 16.400 € um 85 % auf unter 3.000 € gefallen, um dann auf ein neues Allzeithoch im November 2021 von knapp 60.000 € zu steigen. Im Hintergrund ist so gut wie jede Bank dabei, Krypto-Verwahrlizenzen zu beantragen und sich für den kommenden Boom vorzubereiten. Die Regulierungen sind wichtig und auch positiv für die gesamt Branche, da bald auch institutionelle Investoren, die deutlich strengeren Regeln unterworfen sind, investieren können. Auch in diesem Markt ist Geduld erforderlich.

Im November ist der Bärenmarkt 12 Monate alt. Wir sind also dem Ende näher als viele glauben. Die meisten Privatanleger haben bereits resigniert. Ein gutes Zeichen für den Einstieg für Langfrist-Investoren. Durchhalten ist angesagt. Die Vögel werden bald wieder anfangen, zu singen.

Was bedeutet das für Deine Geldanlage?

Es bleibt erst einmal wackelig. Der Markt ächzt nach positiven Nachrichten. Wer aber durch einmalige oder monatliche Raten in ein robustes, breit aufgestelltes Portfolio jetzt in diesen schwierigen Zeiten Vermögen im Depot anhäuft, wird überrascht sein, was kleine, positive Nachrichten ausmachen werden. Der Markt wird nach oben schießen. Jetzt ist die Investitionsphase; auch diese Krise werden wir meistern. Schlechtere Zeiten sind normal, das war so, ist momentan so und wird auch in Zukunft so sein. Am langen Ende wird es sich auszahlen. Geduld ist eine Königsdisziplin.

In der EU ist der Druck groß, die Zinsen nicht ganz so schnell zu erhöhen wie in den USA, da die hochverschuldeten Länder in Europa ihre Zinsen immer schwieriger bedienen können. Zur Wahrheit zählt jedoch auch, dass alle von der EZB aufgekauften Staatsanleihen nicht belastend für die einzelnen Staaten wirken, da diese über die EZB-Gewinne wieder zurück an die Staaten fließen.

Misst man die Emotion über den Angst-&-Gier-Index, dann bewegen wir uns momentan in extremer Angst, was ein guter Kontra-Indikator darstellt. Denn zum Kaufen wird das Preis-Leistungsverhältnis natürlich immer besser, je weiter es nach unten geht. 

Jedoch müssen wir auch nichts schön reden. Es tut immer weh, wenn das Depot schrumpft, unabhängig davon, ob es viele Jahr zuvor gestiegen ist. Keiner sieht das bisher erreichte gerne wegschmelzen. Mittel- bis langfristig war und ist ein robustes Portfolio immer das beste Vehikel, um Vermögen durch Krisen zu steuern. 

Die Zinserhöhungen dürften langsamer vonstatten gehen, als die Inflation wächst. Das bedeutet der Realzins (Zins minus Inflation) bleibt auf lange Sicht negativ. Alle Menschen die viel Geld auf Giro- und Tagesgeldkonten, Bausparverträgen, Lebensversicherungen und Sparbüchern haben, werden also ärmer – jedes Jahr und automatisch. 

Langfristig werden immer mehr Bürger aufwachen und die Flucht in Sachwerte antreten und ihr Geld sinnvoll, robust und breit streuen, damit sie ihr Vermögen erhalten und vermehren, gerade in der schwierigeren kommenden Dekade.