Hat die Lebensversicherung oder Rentenversicherung eine Zukunft?
Das Wesentliche zusammengefasst
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34 von 84 deutschen Lebensversicherern drohen finanzielle Schwierigkeiten
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der Versicherungskunde zahlt am Ende die Rechnung
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selbst die Auffanggesellschaft der Versicherungen, die Protektor, ist betroffen
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Lebensversicherungen machen in den meisten Fällen keinen Sinn mehr
Die Lebensversicherung in Not
Hat die Lebensversicherung oder Rentenversicherung eine Zukunft? Laut Bundesfinanzministerium drohen 34 von 84 Lebensversicherer mittel- bis langfristig finanzielle Schwierigkeiten aufgrund der anhaltenden Niedrigzinsphase. Deshalb steht jede dritte Versicherung unter schärferer Beobachtung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen (Bafin). Um den künftigen Verpflichtungen gegenüber dem Versicherungskunden nach zu kommen, wurden rund 60 Milliarden € Zinspuffer (Zinszusatzreserve) gebildet. Sollten mehrere Versicherer unter die gesetzlich vorgeschriebenen Eigenkapitalforderungen fallen und nicht innerhalb weniger Monate ausreichend Kapital gesammelt werden, dann droht die Abwicklung, so ein Sprecher der Verbraucherzentrale des Bundesverbandes. In einem solchen Fall könnte es zu Leistungskürzungen des Versicherungskunden kommen. Die Bafin erlaubte 8 Lebensversicherer von 2008 bis 2017 bereits die Überschüsse massiv zu reduzieren. Das bedeutet für die Versicherungskunden deutlich weniger Auszahlung. Normalerweise müssten Versicherer mindestens 90 % der Kapitalgewinne den Kunden gutschreiben, aber die meisten halten sich nicht daran.
Denn viele sparen sich mit den Geldern einen Puffer an, um überhaupt noch die versprochenen hohen Garantiezinsen aus den Altverträgen bedienen zu können. Befinden sich Versicherer in einer finanziellen Schieflage, kann die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) unter bestimmten Voraussetzungen eine Streichung der Überschüsse zustimmen. Das ist ganz und gar keine gute Nachricht für den Versicherungskunden. Denn dieser bezahlt am Ende die Rechnung. Über 7,7 Millionen Verträge sind davon betroffen. Sogar für die Auffanggesellschaft für Versicherungen, die Protektor-Lebensversicherungs-AG, sieht es nicht gut aus.
Die Auffanggesellschaft für Lebensversicherer: Protektor
Hat die Lebensversicherung oder Rentenversicherung eine Zukunft? Die von der Versicherungswirtschaft gegründete Auffanggesellschaft Protektor wurde 2002 gegründet, um Verträge von Lebensversicherungen aufzufangen, die in die Insolvenz schlittern. Leistungen bleiben, wenn möglich erhalten. Der Sicherungsfonds finanziert sich aus Beiträgen aller deutschen Lebensversicherungskonzernen. Die Verträge werden von der bestehenden Versicherung auf die Auffanggesellschaft übertragen und weiter geführt. Allerdings kann auch eine Protektor, wie auch jede andere Lebensversicherung die Zahlungen bei finanzieller Schieflage zeitweise einfrieren.
Der Leidtragende ist der Kunde, der unter bestimmten Umständen nicht mehr an sein Geld kommt.
Das Nettovermögen der Protektor liegt Ende 2017 gerade einmal bei 936 Millionen €. Das dies in der heutigen Zeit kein ausreichender Puffer darstellt, bei entsprechenden Szenarien, dürfte jedem klar sein. Sollte eine große Versicherung oder mehrere mittelgroße Lebensversicherer in ernste finanzielle Schwierigkeiten geraten, dann ist die Protektor aufgrund der zu kleinen Kapitalausstattung nicht in der Lage eine Rettung vorzunehmen.
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Ist eine Lebensversicherung noch sinnvoll?
Hat die Lebensversicherung oder Rentenversicherung eine Zukunft? Wenn man noch eine Lebensversicherung besitzt, ist es wichtig, die Fakten sprechen zu lassen und nicht Verkaufsargumenten der Vertreter. Hierbei sollten auf alle Fälle die hohen Kosten einer Lebens- oder Rentenversicherung überprüft werden. Des Weiteren sinken die Überschüsse der Lebensversicherer seit Jahren dramatisch und somit auch die Rendite der Kunden.
In den meisten Fällen macht eine Lebensversicherung keinen Sinn. Bevor man aber eine Lebensversicherung kündigt, sollte man vorab aber den Versicherungsschutz aufrecht erhalten. Dies geht oftmals viel günstiger mit einer Risikolebensversicherung. Auch kann man über eine selbständige Berufsunfähigkeitsversicherung nachdenken.
Hohe Kosten einer Lebensversicherung
Hat die Lebensversicherung oder Rentenversicherung eine Zukunft? Eine Lebens- oder Rentenversicherung hat in den allermeisten Fällen eine sehr hohe Kostenstruktur. Von dem einzuzahlenden Betrag werden Abschluss-, Verwaltungs- und Risikokosten (z.B. Todesfallschutz) abgezogen. Nicht selten liegen diese, je nach Vertrag und Abschlusszeitpunkt bei bis zu 10 % Risikokosten und bis zu 20 % Abschluss- und Verwaltungskosten.
Es verbleibt, nach Abzug der Kosten, der sogenannte Sparanteil, der dann garantiert verzinst wird. Bei Altverträgen vor 2008 wurde ein Garantiezins versprochen, bei dem der Kunde nie genau wusste, wie viel von seinem Beitrag überhaupt garantiert verzinst wird.
Seit 2008 müssen die Versicherer ihre Kosten über das Produktinformationsblatt ausweisen. Somit ist im Vergleich zu alten Verträgen vor 2008 zumindest offengelegt, welche Kosten der Vertrag beinhaltet und vor allem wie hoch sie sind. Jedoch muss man kritisieren, dass die Versicherung über die jährlich neu festzulegenden Überschüsse genug Spielraum hat, um an der Kostenschraube zu drehen.
Die Abschlussprovision hat der Gesetzgeber vor einigen Jahren auf 2,5 % der Summe aller eingezahlten Beiträge für die komplette Laufzeit gedeckelt. Diese werden in den ersten 5 Jahren von den Beiträgen abgezogen. Dennoch betrug die Abschlusskostenquote im Jahr 2015 4,9 % der eingezahlten Summe. Die Ratingagentur Franke und Bornberg hat in ihrem Map-Report festgestellt, dass Versicherer nach wie vor bei den Verwaltungskosten kräftig zugreifen. Einige wenige Unternehmen nehmen sich 0,8 % pro Jahr und andere über 10 % jährliche Verwaltungsgebühren vom eingezahlten Beitrag. Besonders hoch sind die Gebühren bei älteren Verträgen.
Eine andere Ratingagentur namens Assekurata hat 30 Lebensversicherer unter die Lupe genommen und ausgerechnet, wie viel Nettoverzinsung nach Kosten bei Neuverträgen ab 2019 wirklich übrig bleiben. Das Ergebnis war erschreckend. Von den versprochenen 0,9 % Garantiezins bleiben beim Durchschnitt aller Rentenversicherungen gerade einmal 0,14 % pro Jahr. Bei einigen Versicherungen liegt die garantierte Auszahlungssumme am Ende der Laufzeit sogar unter den eingezahlten Beiträgen. Somit schwindet der letzte Funke an Hoffnung auf einen rentablen Versicherungsvertrag.
Sinkende Überschüsse einer Lebensversicherung
Zu den garantierten Zinsen der Versicherer kommen noch die laufenden Überschüsse hinzu, der einmalige Schlussüberschuss und die Beteiligung an den Bewertungsreserven.
Laufende Überschüsse
Die laufenden Überschüsse sind nicht garantierte Gewinnbeteiligungen der Versicherung und werden vom Versicherer jedes Jahr neu festgelegt und nicht garantiert. Sie bestehen aus Zins- Risiko- und Kostenüberschüsse. Laut Lebensversicherungsreformgesetz von 2014 muss der Versicherer seine Kunden zu 90 % am Zins- und Risikoüberschuss und zu 50 % am Kostenüberschuss beteiligen.
Beteiligung an den Bewertungsreserven
Auch die Beteiligung an den Bewertungsreserven sind unsicher. Denn dazu müssten die Versicherer die gut verzinsten alten Anleihen auflösen und durch aktuell schlecht verzinste Wertpapiere ersetzen. Das träfe dann alle Kunden, deren Verträge noch laufen. Im Zweifelsfall prüft die Finanzaufsicht Bafin das Vorgehen.
Fakt ist, dass in den letzten Jahren Kunden kaum oder gar nicht mehr an den Bewertungsreserven partizipiert haben. Eine Klage gegen die drastische Kürzung der Bewertungsreserven wurde vom Bundesgerichtshof abgewiesen. Die Zinsüberschüsse dürften aufgrund der Nullzinsen weiter abschmelzen, so dass man nur von der garantierten Auszahlung ausgehen sollte. In einem Fall aus dem Jahr 2014 wurde einem Versicherungskunde die Beteiligung an den Bewertungsreserven sogar um 95 % reduziert mit dem Argument der Versicherung, sie hätte einen zusätzlichen Sicherungsbedarf. Der Lebensversicherer bekam vor dem Bundesgerichtshof (BGH) Recht.
Schlussüberschüsse
Am Ende des Vertrages zahlt die Versicherung einen einmaligen Bonus, den Schlussüberschuss, deren Höhe sie aber selbst bis zum Ende des Vertrages festlegen kann. Die Versicherung hat somit freie Hand.
Risikolebensversicherung: Eine günstige Alternative
Der normalerweise in Lebensversicherungen integrierte Todesfallschutz kann separat über eine günstige Risikolebensversicherung abgeschlossen werden. Die Risikolebensversicherung zahlt im Todesfall an die Hinterbliebenen eine bei Abschluss festgelegte Versicherungssumme. Bei Erleben wird nichts ausgezahlt.
Allerdings gibt es in diesem Bereich eklatante Preisunterschiede. Ein Versicherungsvergleich über das Internet oder einen unabhängigen Versicherungsmakler macht in jedem Fall Sinn, um nicht zu viel zu bezahlen. Die Absicherung und der Vermögensaufbau, und das gilt für alle Versicherungen mit Ansparmöglichkeit, sollten strikt getrennt gehalten werden, da diese beiden Bereiche nichts miteinander zu tun haben. Gerade für Familien, die vielleicht noch ein Darlehen für das Eigenheim aufgenommen haben, lohnen sich günstige Risikolebensversicherungen und selbständige Berufsunfähigkeits- oder Unfallversicherungen. Grob umrissen sollte eine vierköpfige Familie mindestens 50.000 € pro Erwachsener und 25.000 € pro Kind plus Darlehenssumme absichern. Bei individuellen Wünschen, sollte man sich Rat von einem Experten holen.
Praxistipp für Besitzer einer Rentenversicherung oder Lebensversicherung
Versicherungen sind wichtig und sind dafür da, Risiken abzusichern. Aufgrund der Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank ist das aber immer weniger machbar, da die Kapitalausstattung der Versicherer dadurch massiv schmilzt. Langfristig wird dies nicht gut gehen für die Kunden. Auch Besitzer von fondsgebundenen Lebensversicherungen oder fondsgebundenen Rentenversicherungen sieht es nicht gut aus. Deren Investmentfonds in der Versicherung stellt KEIN Sondervermögen im Sinne des Kunden dar. Aus diesem Grunde sollte man so wenig Versicherung haben wie möglich, so viel aber wie nötig.
Die Altersvorsorge über eine Versicherung zu bestreiten ist aufgrund der obigen Zahlen fahrlässig und vollkommen unrentabel. Intelligenter ist es, den mittel- bis langfristen Kapitalaufbau im wahren Sondervermögen zu bestreiten. Hier ist das Geld vor Banken und Versicherungspleiten per Gesetz geschützt. Geld im Sondervermögen ist ähnlich flexibel und verfügbar wie ein Tagesgeldkonto und hat in der Regel langfristig eine Rendite über der Inflation. Der einfachste Weg, sein Geld im Sondervermögen anzulegen ist ein Fonds-Depot bei einer Depot-Bank.