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Sind Lebensversicherungen noch attraktiv?

Das Wesentliche zusammengefasst

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Die Lebensversicherung hat ausgedient.

Soll ich eine Lebensversicherung abschließen?

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Unter einer Lebensversicherung verstehen die meisten eine kapital-bildende Lebensversicherung.

Sind Lebensversicherungen noch attraktiv?  – Unter Lebensversicherung verstehen die meisten eine Kapital-Lebensversicherung, eine kapitalbildende Lebensversicherung oder eine klassische Lebensversicherung. Diese sind ein Vorsorgeprodukt, bei dem man in der Regel monatlich einzahlt und die Hinterbliebenen im Todesfall eine Summe ausbezahlt bekommen. Im Erlebensfall des Versicherungsnehmers zahlt die Versicherung eine garantierte Summe – auch Ablaufleistung genannt – aus oder eine lebenslange Rente. Hinzu kommen die nicht garantierten Überschüsse, die seit der Jahrtausendwende allerdings drastisch reduziert worden sind und sich mit hoher Wahrscheinlichkeit aufgrund der Zinslosigkeit weiter reduzieren werden.

Welche Arten von Lebensversicherung gibt es?

Sind Lebensversicherungen noch attraktiv? –  In der Regel wird zwischen der Kapitallebensversicherung, einer fondsgebundenen Lebensversicherung und der Risikolebensversicherung unterschieden. Eine Risikolebensversicherung zahlt im Todesfall eine Versicherungssumme an die Hinterbliebenen. Im Erlebensfall erfolgt keine Auszahlung. Bei Suizid gibt es ebenfalls keine Auszahlung. Bei einer fondsgebundenen Lebensversicherung fließt der Sparanteil in vom Versicherungskunden ausgewählte Investmentfonds oder ETF’s. Bei klassischen Kapitallebensversicherungen dagegen wird das Geld in den sogenannten Deckungsstock der Versicherung einbezahlt und wird garantiert verzinst. Der garantierte Zins sinkt seit Jahren dramatisch. Der Sparanteil ist der Teil des zu zahlenden Beitrages des Kunden, abzüglich Abschluss-, Verwaltungs-, und Risikokosten und beträgt je nach Vertrag, Laufzeit und Gesellschaft in der Regel zwischen 70 – 80% des Beitrages.

Finanztip sagt: Entwicklung des gesetzlichen Garantiezinses
Der garantierte Zins von Lebensversicherungen sinkt seit Jahren dramatisch. Dies wird auch noch auf lange Sicht so bleiben.

Soll ich eine Lebensversicherung abschließen?

Sind Lebensversicherungen noch attraktiv? – Dies ist mit einem klaren Nein zu beantworten. Der miserable Zins sowie die schlechte wirtschaftliche Situation von deutschen Versicherern sollten Argumente genug sein. Als Altersvorsorge sind die Alternativen bedeutend flexibler, gewinnbringender und vor allem aber günstiger.

Wenn man noch eine Lebensversicherung besitzt, ist es wichtig, die Fakten zu beleuchten und nicht den Verkaufsargumenten der Versicherungsvertretern Glauben zu schenken. Hierbei sollten auf alle Fälle die hohen Kosten einer Lebensversicherung überprüft werden. Des weiteren sinken die Überschüsse der Lebensversicherer seit Jahren dramatisch und somit auch die Rendite für den  Kunden.

In den meisten Fällen macht eine Lebensversicherung keinen Sinn. Bevor man aber eine Lebensversicherung kündigt, sollte man vorab aber den Versicherungsschutz aufrecht erhalten. Dies geht oftmals viel günstiger mit einer Risikolebensversicherung. Auch kann man über eine eigenständige Berufsunfähigkeitsversicherung nachdenken.

Hohe Kosten einer Lebensversicherung

Sind Lebensversicherungen noch attraktiv? – Eine Lebensversicherung hat in den allermeisten Fällen eine sehr hohe Kostenstruktur. Von dem einzuzahlenden Betrag werden Abschluss-, Verwaltungs- und Risikokosten (z.B. Todesfallschutz) abgezogen. Nicht selten liegen diese, je nach Vertrag und Abschlusszeitpunkt bei bis zu 10% Risikokosten und bis zu 20% Abschluss- und Verwaltungskosten.

Professor Money sagt: Nur der Sparanteil Deines Beitrages wird verzinst!
Nur der Sparanteil deines Beitrages wird wirklich verzinst. Der Rest geht als Kosten an die Versicherung.

Es verbleibt – nach Abzug der Kosten – der sogenannte Sparanteil, der dann garantiert verzinst wird. Bei Altverträgen vor 2008 wurde ein Garantiezins versprochen, bei dem der Kunde nie genau wusste, wie viel von seinem Beitrag überhaupt garantiert verzinst wird. Seit 2008 müssen die Versicherer ihre Kosten über das Produktinformationsblatt ausweisen. Somit ist im Vergleich zu alten Verträgen vor 2008 zumindest offengelegt, welche Kosten der Vertrag beinhaltet und vor allem wie hoch diese sind. Jedoch muss man kritisieren, dass die Versicherung über die jährlich neu festzulegenden Überschüsse genug Spielraum hat, um an der Kostenschraube zu drehen. Die Abschlussprovision hat der Gesetzgeber vor einigen Jahren auf 2,5% der Summe aller eingezahlten Beiträge für die komplette Laufzeit gedeckelt. Diese werden in den ersten 5 Jahren von den Beiträgen abgezogen. Dennoch betrug die Abschlusskostenquote im Jahr 2015 4,9% der eingezahlten Summen. Die Ratingagentur Franke und Bornberg hat in ihrem Map-Report festgestellt, dass Versicherer nach wie vor bei den Verwaltungskosten kräftig zugreifen.

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Die Kostenstruktur bei Lebensversicherungen ist enorm hoch.

Einige wenige Unternehmen nehmen sich 0,8% pro Jahr und andere über 10% jährliche Verwaltungsgebühren vom eingezahlten Beitrag. Besonders hoch sind die Gebühren bei älteren Verträgen. Eine andere Ratingagentur namens Assekurata hat 30 Lebensversicherer unter die Lupe genommen und ausgerechnet, wie viel Nettoverzinsung nach Kosten bei Neuverträgen ab 2019 wirklich übrig bleibt. Das Ergebnis war erschreckend. Von den versprochenen 0,9% Garantiezins bleiben beim Durchschnitt aller Rentenversicherungen gerade einmal 0,14 % pro Jahr. Bei einigen Versicherungen liegt die garantierte Auszahlungssumme am Ende der Laufzeit sogar unter den eingezahlten Beiträgen. Somit schwindet der letzte Funke an Hoffnung auf einen rentablen Versicherungsvertrag.

Sinkende Überschüsse der Lebensversicherung

Sind Lebensversicherungen noch attraktiv? – Zu den garantierten Zinsen der Versicherer kommen noch die laufenden Überschüsse hinzu, der einmalige Schlussüberschuss und die Beteiligung an den Bewertungsreserven. Die laufenden Überschüsse sind nicht garantierte Gewinnbeteiligungen der Versicherung und werden vom Versicherer jedes Jahr neu festgelegt und nicht garantiert. Sie bestehen aus Zins-, Risiko- und Kostenüberschüssen. Laut Lebensversicherungsreformgesetz von 2014 muss der Versicherer seine Kunden zu 90% am Zins- und Risikoüberschuss und zu 50% am Kostenüberschuss beteiligen.

Professor Money sagt: Um wieviel hat sich der Garantiezins der Lebensversicherung die letzten 20 Jahre verringert?
Um knapp 80% hat sich der garantierte Zins bei Lebensversicherungen verringert.

Auch die Beteiligung an den Bewertungsreserven ist  unsicher. Denn dazu müssten die Versicherer die gut verzinsten alten Anleihen auflösen und durch aktuell schlecht verzinste Wertpapiere ersetzen. Das träfe dann alle Kunden, deren Verträge noch laufen. Im Zweifelsfall prüft die Finanzaufsicht Bafin das Vorgehen.

Fakt ist, dass in den letzten Jahren Kunden kaum oder gar nicht mehr an den Bewertungsreserven partizipiert haben. Eine Klage gegen die drastische Kürzung der Bewertungsreserven wurde vom Bundesgerichtshof abgewiesen. Die Zinsüberschüsse dürften aufgrund der Nullzinsen weiter abschmelzen, so dass man nur von der garantierten Auszahlung ausgehen sollte. In einem Fall aus dem Jahr 2014 wurde einem Versicherungskunden die Beteiligung an den Bewertungsreserven sogar um 95% reduziert mit dem Argument der Versicherung, sie hätte einen zusätzlichen Sicherungsbedarf. Der Lebensversicherer bekam vor dem Bundesgerichtshof (BGH) Recht.

Am Ende des Vertrages zahlt die Versicherung einen einmaligen Bonus, den Schlussüberschuss, deren Höhe sie aber selbst bis zum Ende des Vertrages festlegen kann. Die Versicherung hat somit freie Hand.

Risikolebensversicherung: Eine günstige Alternative

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Eine Risikolebensversicherung ist der bedeutend günstigere Schutz gegen plötzliches Ableben des Versicherungsnehmers.

Sind Lebensversicherungen noch attraktiv? –  Der normalerweise in Kapital-Lebensversicherungen integrierte Todesfallschutz kann separat über eine günstige Risikolebensversicherung abgeschlossen werden. Die Risikolebensversicherung zahlt im Todesfall an die Hinterbliebenen eine bei Abschluss festgelegte Versicherungssumme. Bei Erleben wird nichts ausgezahlt. Allerdings gibt es in diesem Bereich eklatante Preisunterschiede. Ein Versicherungsvergleich über das Internet oder einen unabhängigen Versicherungsmakler macht in jedem Fall Sinn, um nicht zu viel zu bezahlen. Die Absicherung und der Vermögensaufbau – und das gilt für alle Versicherungen mit Ansparmöglichkeit – sollten strikt getrennt gehalten werden, da diese beiden Bereiche nichts miteinander zu tun haben. Gerade für Familien, die vielleicht noch ein Darlehen für das Eigenheim aufgenommen haben, lohnen sich günstige Risikolebensversicherungen und selbständige Berufsunfähigkeits- und Unfallzusatzversicherungen. Grob umrissen sollte eine vierköpfige Familie mindestens 50.000€ pro Erwachsenem und 25.000€ pro Kind plus Darlehenssumme absichern. Bei individuellen Wünschen sollte man sich Rat von einem Experten holen.

Praxistipp

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Fakten sind entscheidend. Die Lebensversicherung hat keine Zukunft mehr.

Sind Lebensversicherungen noch attraktiv? –  Wie bereits erwähnt, ist ratsam, den privaten Vermögensaufbau von der Absicherung der Arbeitskraft oder des Ablebens zu trennen. Soll ich daher eine Lebensversicherung abschließen? Nein. Es macht sowohl aus kaufmännischen Gründen als auch aus Gründen der Flexibilität keinen Sinn. Abschluss-, Verwaltungs- und Risikokosten fressen die Minizinsen zum großen Teil auf. Wird die offizielle Geldentwertung von jährlich rund 2% berücksichtigt, ist es am Ende in den allermeisten Fällen ein Nullsummenspiel für den Versicherungskunde. Zudem kann nicht jede Versicherung mit eingeschlossenen Todesfall-, Berufsunfähigkeits (BUZ) – oder Unfallzusatzversicherungen (UZV) günstige Konditionen anbieten. Es macht daher Sinn, jeden Absicherungsbaustein unabhängig von der Versicherung prüfen zu lassen und das jeweils vom Preis-Leistungsverhältnis beste Angebot heraus zu filtern. Dann verteilen sich die Versicherungen in der Regel auf mehrere Anbieter.

Hat ein Kunde seine Zusatzversicherungen, wie z.B. eine Berufsunfähigkeit, in einem Vertrag mit eingeschlossen und hat aus irgendwelchen Gründen einmal finanzielle Schwierigkeiten, dann kommt er in der Regel nur mit Verlusten an sein Geld und verliert seinen Versicherungsschutz. Hat er Berufsunfähigkeit, Unfall, Todesfall und Vermögensaufbau getrennt, kann er seinen Vermögensaufbau in Form eines Depots jederzeit kostenfrei stoppen und seine Versicherungen weiterlaufen lassen. Eine gewisse Flexibilität nimmt also auch in der Vermögensaufbau-Phase eine wichtige Rolle ein.

Wer den Todesfall absichern möchte, greift eher zu kostengünstigen Risikolebensversicherung. Wer hingegen wirklich Vermögen aufbauen will, ist bei einem Depot-Konto, bestückt mit Investmentfonds oder ETF’s, besser aufgehoben.

Alternativen zur Lebensversicherung

Die Alternative zur sinnvollen und intelligenten Altersvorsorge ist denkbar einfach und günstig. Hier weiterlesen…

Einzelnachweise

Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft

Finanztip